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Plan B

By Flo | Oktober 18, 2009

Gerade bin ich mit der Lektüre von Lester R. Browns „Plan B 4.0: Mobilizing to Save Civilization“ fertig geworden. Das Thema des Buches ist, wie der Titel schon andeutet, ganz unbescheiden die Rettung der Zivilisation. Das ist natürlich ein hehres Ziel, doch warum ist die Zivilisation überhaupt in Gefahr? Der Autor nennt hier als Hauptgrund die Nahrungsversorgung für die immer noch weiter wachsende Weltbevölkerung.

Die Lebensmittelversorgung wird durch eine Vielzahl an Faktoren gefährdet. Zum einen ist da die steigende Nachfrage, durch mehr Menschen, die zudem einen immer höheren Lebensstandard anstreben. Soweit so klar. Aber auch auf der Angebotsseite sieht es, wenn wir so weiter wirtschaften wie bisher, düster aus. Denn das Produktionspotential für Lebensmittel wird gleich von einer Vielzahl von Faktoren in die Zange genommen.

Als wichtigsten Grund nennt der Autor Wassermangel. So ist zum Beispiel ein großer Teil der Landwirtschaft in Indien und China von künstlicher Bewässerung abhängig. Das Wasser kommt dabei üblicherweise entweder aus Brunnen oder von einem der großen Flüsse im Land. Das Problem mit den Brunnen ist, dass der Grundwasserspiegel von Jahr zu Jahr sinkt – es wird also mehr Wasser verbraucht als nachkommt. Das kann natürlich nicht ewig gut gehen. Und auch auf die Flüsse ist nicht wirklich Verlass. Denn diese werden im Sommer von den Himalaya-Gletschern gespeist. Im Augenblick liefern diese Gletscher mehr Wasser als üblich. Denn sie machen, was Gletscher bei einer Klimaerwärmung so tun: sie schmelzen. Sind die Gletscher mal weg, fehlt das Wasser gerade im Sommer, wenn es am nötigsten ist. Gleichzeitig sind die fruchtbaren Flussdeltas an den Küsten durch einen steigenden Meeresspiegel akut gefährdet. Wie die Faust aufs Auge passen da Meldungen über den dieses Jahr extrem schwachen Monsun in Indien.

Eine weitere Gefahr ist, dass durch Überbewirtschaftung oder Abholzung von schützenden Bäumen eine Erosion der dünnen Schicht Mutterbodens in Gang gesetzt wird. Ohne sie bleibt eine Wüstenlandschaft zurück. In den reichen Ländern hat man diese Lektion gelernt. Die Herausforderung liegt darin, dies in ärmeren Länderm, die am Existenzminimum wirtschaften zu verhindern.

Der letzte Faktor ist die Ölabhängigkeit der Weltwirtschaft. Sobald das Öl knapper (und teurer) wird, muss befürchtet werden, dass wieder vermehrt Biosprit aus Nahrungsmitteln hergestellt wird. Die gesamte US-Getreideernte würde aber höchstens 18% des amerikanischen Treibstoffbedarfs decken. Das bedeutet eine massive Einschränkung der Nahrungsversorgung, selbst wenn nur ein geringer Teil des Erdölverbrauchs durch herkömmlichen Biosprit ausgeglichen werden müsste,

Es sieht also nicht gut aus. Und das ist nicht nur ein Problem anderer Leute. Wenn die Verzweiflung nur groß genug ist, fallen Menschen leider entweder übereinander oder über ihre Nachbarn her. Das geschieht zwar auch jetzt schon. Aber spätestens sobald das in größerem Stil passiert, eventuell sogar in technologisch entwickelten Ländern mit modernem Waffenarsenal, hört der Spass auf.

Doch genug des Pessimismus. Denn der Autor stellt im zweiten Teil des Buches seinen „Plan B“ vor. Bei Plan B handelt es sich im Wesentlichen um Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels, zur Abkehr von der Ölabhängigkeit, zur Eindämmung des Bevölkerungswachstums und zu nachhaltiger Landwirtschaft. Alle vorgestellten Maßnahmen scheinen mir technisch durchführbar.
Das heißt, es ist eine rein politische Entscheidung, ob wir das Risiko eingehen, einfach weiterzumachen wie bisher.

Einen Artikel zu der Thematik, der eine schöne Zusammenfassung des Buches darstellt, findet Ihr übrigens in der Oktober-Ausgabe des Spektrum der Wissenschaft auf Seite 80ff. Ansonsten könnt Ihr die englische Fassung des Buchs kostenlos herunterladen (Link wegen deutscher Interpretation von Haftung bei Urheberrechtsverletzungen entfernt) oder auch die deutsche Fassung in Druckform bestellen.

Topics: Gesellschaft, Wissenschaft

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