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Online-Demos

By Flo | Juni 5, 2010

Diese Woche war ja für ein paar Tage Frau von der Leyen als neue Bundespräsidentin im Gespräch. Wie ihr vermutlich mitbekommen habt, ist ihr Name bei vielen Internet-Nutzern wegen ihrer populistischen Argumentation und Unzugänglichkeit gegenüber Sachargumenten in der Diskussion um Netzsperren verbrannt. Entsprechend überraschte es wenig, dass sich umgehend Widerstand im Netz gegen diese Nominierung formierte. Am auffälligsten in dieser Hinsicht war die Facebook-Gruppe „Zensursula – Not My President!“. In dieser Gruppe fanden sich innerhalb von zwei Tagen über 20.000 User zusammen, um gegen die Entscheidung zu protestieren.

Aber was bringt so eine Online-Demonstration überhaupt? Dazu sollten wir uns die beiden Funktionen einer friedlichen Demonstration vergegenwärtigen. Die offensichtliche Funktion ist es, der Politik klar zu machen, dass ein Thema einer Bevölkerungsgruppe wichtig ist. Ob die Politik etwas aus dieser Erkenntnis macht, steht natürlich auf einem anderen Blatt. Zudem tauchen Online-Demonstrationen nicht unbedingt auf dem politischen Radar auf, denn sie werden (zumindest von der älteren Generation an Politikern) nicht ernst genommen.

Es gibt jedoch noch eine zweite Funktion einer Demo, die vielleicht sogar wichtiger ist. Es wurde nämlich beispielsweise von allen Medien kolportiert, dass Frau von der Leyen in der Bevölkerung überaus beliebt sei. Wenn ein Kritiker solche Aussagen ständig vorgebetet bekommt, fühlt er sich mit seiner Meinung allein, verstummt, gerät in Selbstzweifel oder versucht seine Meinung anzupassen. Die Macht dieses gruppendynamischen Mechanismus ist gar nicht zu unterschätzen. Durch solche Rückkopplungen des einzelnen mit der ihn umgebenden Gruppe wird die Herausbildung gemeinsamer sozialer Normen vermutlich überhaupt erst möglich.

Eine Demonstration, egal, ob on- oder offline, zeigt dem einzelnen nun, dass er nicht alleine da steht und dass seine Meinung sozial akzeptabel ist. Dies bestärkt ihn in dieser Meinung, und führt dazu, dass er sie offensiver vertritt oder danach handelt. Auf diese Weise werden plötzlich Meinungen populär, die von den großen Medien nicht oder kaum unterstützt werden. Weil die großen Verlage fast alle zu noch größeren Konzernen mit eigenen Interessen gehören, ist dies selbstverständlich förderlich für die Meinungsvielfalt in Deutschland und damit für die Demokratie. Es ist also ganz klar zu bejahen, dass Online-„Demos“ mit all ihren Schwächen doch etwas bringen.

Die Entscheidung, fiel übrigens aus einem ganz anderen Grund gegen Frau von der Leyen aus: die Union wollte keine zwei Frauen an der Spitze des Staates…

Topics: Gesellschaft

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