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Bin ge-laden

Von Flo | 3. Mai 2011

Jetzt muss ich doch einmal kurz an die Decke gehen. Der Spiegel hat heute einen unsägliches Interview mit einem Herrn Herfried Münkler zur Tötung Bin Ladens veröffentlicht. Alleine der Titel „Natürlich darf eine Demokratie töten“ bringt mich auf die Palme.

Bin Laden wurde nämlich in Pakistan erschossen, einem Land, das sich nicht im Krieg befindet. Und in solchen Ländern sollte definitiv immer das Prinzip des Rechtsstaats befolgt werden. Das heißt, dass geplante Tötungen höchstens nach vor Gericht erwiesener Schuld durchgeführt werden dürfen. Alles andere ist Willkür und damit, so hart es klingen mag, schlicht und ergreifend Mord. Die Maßnahme mag in Bin Ladens Fall moralisch gerechtfertigt sein (ich möchte mir nicht anmaßen, ein Urteil zu fällen), aber die Art der Durchführung ist einer Demokratie absolut unwürdig. Wenn unsere Bundeskanzlerin diesen „Sieg“ also feiert, macht sie gleichzeitig deutlich, dass Ihr rechtsstaatliche Prinzipien nicht wirklich am Herzen liegen.

Die ursprüngliche Geschichte, dass Osama seine Frau als menschlichen Schutzschild benutzt hat, während er mit einer Waffe wild herumballerte, wurde übrigens anscheinend zurückgezogen. Tötung aus Notwehr, was ein letzter Ausweg aus dem rechtsstaatlichen Dilemma wäre, dürfte also deutlich schwieriger zu verargumentieren sein. Aber in den großen Schlagzeilen war natürlich die ursrprüngliche Geschichte zu lesen, die Berichtigung ist nur eine Fußnote. Honi soit qui mal y pense.

Zurück zu dem Politikwissenschaftler Herrn Münkler. Dieser geht gar nicht auf die Verantwortung der Politik ein, den Rechtsstaat zu bewahren. Stattdessen sieht er einen anderen Grund warum die westliche Politik sich nicht traut, zu laut zu jubeln.

Zitat wegen Leistungsschutzrechts entfernt.

Aha. Die Einhaltung von Regeln durch die Mächtigen ist unwichtig, wichtig ist vielmehr Barmherzigkeit, die die Herrscher natürlich je nach Gutdünken anwenden können. Mit dieser Einstellung befinden wir uns auf direktem Weg ins finstere Mittelalter. In diesem Sinne sind uns Länder wie Afghanistan einen kleinen Schritt voraus: Die sind dort nämlich bereits angekommen.

Update:Mittlerweile findet sich die Nachricht, dass Osama unbewaffnet war und somit insbesondere keine Geisel hatte, tatsächlich auch als Aufmacher in den Mainstream-Medien, wie zum Beispiel auf SPON. Auf LTO könnt Ihr außerdem eine qualifiziertere Meinung als die meine zu diesem Thema lesen.

Topics: Gesellschaft

Soziale Geldanlage

Von Flo | 30. April 2011

Die ZEIT von letzter Woche hatte einen interessanten Artikel über kiva.org.
Kiva.org vermittelt Mikrokredite. Mikrokredite sind Kleinkredite an Leute in Entwicklungsländern, die sich damit eine Existenz aufbauen können.

Die Idee dahinter ist, dass die Abhängigkeit der armen Länder von den reichen reduziert werden soll. Wenn zum Beispiel jemand in Afrika Handys reparieren möchte, benötigt er erst mal das nötige Werkzeug, das er sich ohne Kredit nicht leisten kann. Sobald er das Werkzeug hat, könnte er seinem (für dortige Verhältnise lukrativen) Geschäft nachgehen, und gleichzeitig von den Einnahmen den Kredit zurückzahlen. Er hätte also plötzlich ein besseres Einkommen, und zudem bekämen die Leute in seiner Umgebung ihre Handys repariert, und müssen sich nicht fragen, wie sie sich neue leisten können, die aus dem Ausland importiert werden müssten. Das Problem ist natürlich, dass klassische Banken sich für solche Kleinstkredite nicht interessieren. Hier kommen Mikrokredit-Organisationen wie kiva ins Spiel, die sich genau um solche Fälle kümmern.

Wenn Ihr euch übrigens fragt, warum Leute in armen Ländern Handy brauchen, gibt es eine einfache Erklärung. Es gibt dort meist kein Festnetz, da es aufwendig und teuer ist, all die Kabel zu vergraben. Gleichzeitig vereinfacht es ein Kommunikationsmittel ungemein sich zu organisieren, hilft also anderen lokalen Kleinunternehmen. Wenn euch das Beispiel nicht überzeugt, gibt es natürlich auch Mikrokredite für Schafzuchten, Schneidereien, usw…

Das Schöne an Kiva ist nun, dass über deren Webseite Kreditgeber (Du und ich mit etwas Geld übrig) und Kreditnehmer zusammenkommen können. Man kann sich ein Projekt aussuchen, das man unterstützen möchte, und sich die Leute erst mal anschauen, die das Geld möchten. Zudem kann man sich schon mit Beträgen ab 25$ beteiligen, wodurch das Risiko nicht allzu hoch ist. Wobei ich selbst meinen Einsatz nicht als Geldanlage sehe (Zinsen gibt es ohnehin keine), sondern als Möglichkeit effizient arme Leute zu unterstützen. Ich kann schliesslich das selbe Geld in ein ähnliches Projekt re-„investieren“, sobald es zurückgezahlt ist. Bei der Auswahl potentieller Kreditnehmer arbeitet Kiva übrigens mit lokalen Organisationen zusammen, die die örtlichen Gegebenheiten kennen. Natürlich besteht immer die Gefahr des Missbrauchs, aber nach dem was ich gelesen habe, scheint sich der in akzeptablen Grenzen zu halten. Laut Statistik von Kiva werden nur 1.3% der Kredite nicht zurückgezahlt.

Ich finde dass das eine spannende Alternative zu anonymen Spenden ist. Falls Ihr im Übrigen eine „normale“ Bank sucht, die Wert darauf legt, euer Geld ethisch sinnvoll anzulegen, schaut euch mal Triodos oder die GLS an.

Das Unglück in Japan

Von Flo | 31. März 2011

Ich weiß nicht ob es euch auch so geht wie mir. Seit drei Wochen verfolge ich gebannt die Nachrichten, und versuche mir ein Bild von der Lage in Fukushima zu verschaffen. Leider mit geringem Erfolg. Die Betreiberfirma des havarierten AKWs, TEPCO, ist die Hauptquelle von Informationen zur Situation vor Ort. Diese Firma hat aber leider so gar kein Interesse die Öffentlichkeit neutral und umfassend zu informieren, denn sie sind schließlich Verursacher der ganzen Misere.
Und unabhängige Beobachter dürften zum einen gar nicht zum Reaktor vorgelassen werden und zum anderen kein Interesse daran haben, sich ohne Not einer gefährlichen Strahlendosis auszusetzen.
Die japanische Regierung hat wiederum zwei Probleme. Erstens hat die Atom-Aufsichtsbehörde wohl massiv mit TEPCO geklüngelt, und zweitens wäre es im Ernstfall fast unmöglich, zum Beispiel Tokio zu evakuieren. Sie dürfte daher ebenfalls bestrebt sein, sich die Misere schön zu reden.

All dies führt dazu, dass die Spekulationen wild ins Kraut schießen, während weiter munter Radioaktivität entweicht, und die offiziellen Stellen verlautbaren, dass alles unter Kontrolle und nur halb so schlimm sei. Irgendwie ist dieser Zustand recht unbefriedigend. Zum Glück ist Japan weit genug weg, als dass wir direkt negative Auswirkungen dieser Informationslage spüren dürften. Trotzdem wäre es natürlich vor allem für die Japaner wichtig, wenn es eine Möglichkeit gäbe, trotz solcher Widrigkeiten echte Fakten zur Katastrophe zu sammeln. Zum Glück entstehen gerade Websites, die sich dieser Aufgabe annehmen.

Die Seite RDTN.org sammelt Messdaten von Geigerzählern Freiwilliger und stellt sie in einer Karte dar. Natürlich kann das nur ein kleiner Puzzlestein sein, denn mindestens genau so wichtig wie die absoluten Strahlungswerte, sind Informationen darüber, was da strahlt. So ist radioaktives Caesium besonders hässlich, da es vom Körper aufgenommen werden und dort lange Zeit verbleiben kann. Man muss also abwarten, welchen Beitrag Community-Webseiten hier leisten können.

Spannend ist es allemal, was da gerade entsteht. Zum Beispiel gibt es mit www.geigercrowd.net ein neues Projekt, das in den nächsten Tagen online gehen und sich am offiziellen deutschen Radioaktivitätsnetz orientieren soll. An dieser Stelle nebenbei mal ein dickes Lob an das Bundesamt für Strahlenschutz: ich finde es klasse dass Ihr dieses Netz betreibt und öffentlich zur Verfügung stellt!

Topics: Allgemein

Gladio

Von Flo | 23. Februar 2011

Letzte Woche lief auf Arte eine Dokumentation über Gladio. Für alle, die wie ich die Sendung verpasst haben, findet sich die Doku in mehrere Häppchen verteilt auch auf Youtube. Ihr fragt euch jetzt vermutlich, was Gladio überhaupt ist. Mir ging das jedenfalls bis vor Kurzem so, darum will ich euch kurz aufschlauen.

Bekanntlich fing nach dem zweiten Weltkrieg ziemlich unmittelbar der kalte Krieg in Europa an. Man hatte Angst davor, dass die Sovjets Europa überrollen. Also hat der CIA zur Unterstützung der NATO ein geheimes „Stay-behind“-Netzwerk in Europa errichtet. Dabei handelte es sich um eine Art Schläferorganisation, die im Ernstfall die russischen Truppen sabotieren sollte. Die Schläfer wurden mit Waffen, Munition und Sprengstoff versorgt und entsprechend ausgebildet.

Leider ist der CIA schon damals durch sein besonderes Demokratieverständnis aufgefallen. Es wurden nämlich in Deutschland, aber auch in anderen Ländern bevorzugt altgediente Nazis rekrutiert, weil diese am wenigsten verdächtig waren, die Kommunisten zu unterstützen. Gladio (das war eigentlich der Codename der italienischen Teilorganisation, aber er wird nun stellvertretend für die gesamte „Stay-behind“-Organisation verwendet) operierte natürlich, ohne dass die jeweiligen Parlamente der „Gastländer“ informiert gewesen wären. Ein Haufen schwerbeaffneter Neo-Nazis wäre der Bevölkerung schliesslich schwer zu verkaufen gewesen.

Das ganze ging bis in die 60er Jahre gut, als in Italien die kommunistische Partei an Einfluß gewann. Als überzeugte Anti-Kommunisten taten die italienischen Gladio-Mitglieder das, wozu sie rekrutiert worden waren: Sie versuchten den Vormarsch des Kommunismus zu stoppen. Dazu verwendeten sie eine Taktik, die Hitler schon mit dem Reichstagsbrand erfolgreich angewendet hatte. Sie verübten etliche Terroranschläge (einige davon mit sehr vielen Toten), und versuchten sie den Linken in die Schuhe zu schieben.

Das klappte auch ganz gut, bis ein unermüdlicher Untersuchungsrichter die Ungereimtheiten und Vertuschungen genauer unter die Lupe nahm. Er brachte es fertig, in den Archiven die italienischen Militärgeheimdienstes zu stöbern, und deckte 1990 die Existenz von Gladio auf. Praktischerweise war 1990 auch der kalte Krieg zu Ende, und unsere Bundesregierung konnte die Auflösung des bis dahin geheimen deutschen Gladio-Ablegers bekannt geben.

Leider hält unsere geliebte Bundesregierung die Dokumente zu Gladio auch weiterhin unter Verschluss. In dem Arte-Film wird nämlich auch eine Verbindung von Gladio zum Münchner Oktoberfestattentat von 1980 hergestellt. So wie das in der Dokumentation dargestelt wird, riecht das alles zumindest schwer nach Vertuschung. Es wäre schon interessant zu wissen, was damals wirklich abgelaufen ist.

Topics: Gesellschaft

Let my people go

Von Flo | 26. Januar 2011

Bestimmt habt ihr mitbekommen dass gerade auch die Ägypter am demonstrieren sind. Vorbild sind natürlich die Tunesier, die auf diese Weise ihren Diktator abserviert haben. Der tunesische Diktator wurde bekanntlich vom Westen unterstützt – auch nachdem die ersten Demonstranten ermordet wurden, hat Frankreich noch dem Regime Unterstützung angeboten.

Leider wird auch die ägyptische Regierung von uns unterstützt. Insbesondere ist sie der wichtigste militärische Verbündete der USA ausserhalb der NATO und Israel in der Region. Dabei handelt es sich hier um eine reinrassige Diktatur. Formal hat das Land zwar demokratische Institutionen, befindet sich aber real seit drei Jahrzehnten in einem offiziellen Ausnahmezustand, in dem Mubarak als Dauer-Präsident eingesetzt ist. Laut Amnesty ist Folter in Ägypten an der Tagesordnung. Die Menschenrechtssituation könnt ihr auch auf Wikipedia nachlesen. Punkt ist, dass man den Ägyptern nur wünschen kann, dass sie ihr aktuelles Regime so schnell wie möglich loswerden.

Dem stehen aber leider vermutlich wichtige geopolitische Interessen des Westens entgegen. Ägypten ist wie gesagt ein wichtiger Verbündeter der Amerikaner. Sollte es den Ägyptern gelingen, die Regierung zu stürzen, sind sie eventuell nicht unbedingt den Unterstützern der alten Regierung wohlgesonnen. Eventuell wenden sie sich gar dem extremen Islamismus zu, obwohl ich das für Panikmache halte. Einen islamistischen Gottesstaat findet man nämlich in der Region bereits, samt Diktatur, Scharia und massiver finanzieller Unterstützung für Terroristen: Saudi-Arabien, das natürlich ebenfalls zu unseren guten Freunden gehört.

Jedenfalls entspricht ein demokratischer Wandel nicht unbedingt den Interessen der USA und damit auch den unserer Eliten. Daher ist es spannend zu beobachten, wie Medien und Politiker die Proteste einordnen und kommentieren. Hillary Clinton hat die ägyptische Regierung als stabil bezeichnet. Damit lehnt sie sich nicht zu weit aus dem Fenster, entmutigt aber eventuell unentschlossene Revolutionäre. Im Spiegel ist vom ägyptischen „Regime“ die Rede, was man wohl als Contra-Mubarak werten kann. Auf der Hauptseite von CNN habe ich spontan keine Erwähnung der aktuellen Situtation in Ägypten finden können. Auf den zweiten Blick findet man aber über die Suchfunktion einen ausgewogenen Artikel. Darin wird wiederum unter anderem die amerikanische Regierung zitiert, die ihre Beziehung zu Ägypten als „fest und freundlich“ definiert.

Wichtig für die Protestler ist übrigens eine möglichst große Aufmerksamkeit, auch um mehr Leute zu mobilisieren. Deshalb wurden in Ägypten mittlerweile Facebook, Twitter und diverse Blogs abgeklemmt. Ich weiß, für manche unter uns wäre das die schlimmste Untat des Regimes… Hmm… Einen Ägypten-Urlaub kann ich mir nach diesem Beitrag wohl vorläufig besser mal abschminken.

Topics: Politik

Kuba in der Krise

Von Flo | 31. Dezember 2010

Nun ist es schon drei Wochen her, dass ich von meinem Kuba-Urlaub zurück bin, aber ich habe immer noch nichts darüber geschrieben. Nunja, ich hole das heute hiermit nach, und zwar sogar noch im alten Jahr…

Was an Kuba besonders interessant ist, sind natürlich die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Land. Immerhin handelt es sich um eines der letzten sozialistischen Länder. Zunächst fällt auf, dass die Leute zwar arm sind, und sich nur enge, heruntergekommene Wohnungen, kaum Elektronikspielzeug (der Altar der Postmoderne, der Fernseher, ist aber meist vorhanden) und offenbar nicht jeden Tag Fleisch leisten können. Auf der anderen Seite scheint es jedoch kaum extreme Armut zu geben. Dies deckt sich mit der hohen Lebenserwartung und geringen Säuglingssterblichkeit, die in Kuba herrscht. Wenn mal wieder etwas nicht so klappt, wie es soll, tut es der Kubaner mit einem Achselzucken und dem Ausspruch „Cuba real“ ab. Viel mehr bleibt ihm auch nicht übrig, denn tiefergehene Kritik am System zu üben, ist keine gute Idee in Kuba. Den Andeutungen zufolge wird die Bevölkerung auch diesbezüglich überwacht, die Stasi läßt grüßen.

Was man jedoch anerkennen muss, ist, dass sich die kubanische Regierung nicht ganz blöd anstellt, um das Land zu managen. Zum einen ist da der hohe Bildungsgrad der Bevölkerung, der zwar Kosten und tendenziell aufmüpfigere Bürger verursacht, aber doch die Voraussetzung für eine modernere Wirtschaft schafft. Im Augenblick lebt das Land noch hauptsächlich von Landwirtschaft, Tourismus und vom Abbau von Bodenschätzen wie Nickel. Es wird aber, offenbar mit Erfolg, versucht, modernere Industriezweige wie Biotechnologie im Land aufzubauen. Zum anderen bemüht sich die Regierung, das kleine Land von den Launen und Manipulationen der internationalen Währungsmärkte abzuschirmen, indem dort augenblicklich zwei Währungen im Umlauf sind. Die eine Währung ist für Dinge des täglichen Bedarfs vorgesehen, die andere, der „CuC“, für den Außenhandel (also für Touristen, Sprit, usw) gedacht. Zudem kann der Kubaner über Lebensmittelmarken verbilligt bestimmte Güter kaufen. Diese verschiedenen Zahlungsweisen sollen dafür sorgenn, dass die Kubaner unabhängig von Preisschwankungen ihre Grundbedürfnisse befriedigen können. Viel mehr können sie sich aufgrund ihres geringen Gehalts auch nicht leisten.

Der Außenhandel ist übrigens immer noch durch das Embargo des wichtigsten Nachbarlandes, den USA, deutlich beeinträchtigt. Das wiederum macht es spannend, wie Kuba mit der Krise zurecht kommt Es ist nämlich weitgehend entkoppelt von den Kapitalmärkten und treibt wenig Außenhandel wegen des Embargos. Durch den Tourismus findet dann aber doch eine Kopplung statt. Denn in der Krise blieben die Touristen als wichtige Einnahmequelle aus. Das, und die unausweichlichen Ineffizienzen einer zentral gesteuerten Wirtschaft, führen dazu, dass Kuba nun auch in gewissem Maße marktwirtschaftliche Reformen angehen muss. Bleibt zu hoffen, dass es gelingt, das Land behutsam und im Sinne der breiten Bevölkerung zu reformieren. Eine radikale Hau-Ruck-Aktion, wie z.B damals in Russland, von der vor allem die heutigen Oligarchen profitierten, würde ich den Kubanern nicht wünschen.

Insgesamt muss ich sagen, dass es die Kubaner deutlich schlechter hätten erwischen können, insbesondere wenn ich mir die Geschichte in einigen anderen lateinamerikanischen Ländern anschaue. Trotzdem wird sich das Land wandeln müssen, vielleicht nicht gerade hin zum puren Kapitalismus, aber doch zu einer Art regulierten Marktwirtschaft. Und ganz besonders drücke ich den Kubanern die Daumen, dass sie möglichst bald eine echte Meinungs- und Pressefreiheit bekommen.

Topics: Gesellschaft

Terror in Deutschland

Von Flo | 21. November 2010

Die TAZ hat einen schönen Artikel von Ranga Yogeshwar (bekannt unter anderem aus der Sendung Quarks & Co) veröffentlicht. Darin erzählt Herr Yogeshwar wie er zufällig im gleichen Hotel übernachtet hat, in dem auch eine Innenministerkonferenz stattfand. Natürlich war das unter den gegeben Umständen kein reines Vergnügen, denn die Medien und die Politik versuchen gerade mal wieder, die Bevölkerung in Terrorpanik zu versetzen. Die ganzen Sicherheitsmaßnahmen hatten dann wohl die ganze Umgebung in Hamburg lahmgelegt. Wie Herr Yogeshwar richtig anmerkt, wäre es viel sicherer und mit weniger Belastung für die Bevölkerung verbunden gewesen, wenn die Konferenz irgendwo außerhalb stattgefunden hätte. Aber dann wäre natürlich der Show-Effekt dieser Inszenierung perdu gewesen.

Dass es bei all der Panik vor allem um die Inszenierung geht ist, zeigt auch Jeffrey Goldberg in einem Blogbeitrag über die amerikanischen Sicherheitsmaßnahmen. Außer dass die Sicherheitsmaßnahmen selbst nämlich die Bevölkerung terrorisieren, sind sie fast gänzlich wirkungslos, wie er in einem Selbstversuch nachweist. Mit von der Partie war übrigens Bruce Schneier, einer der bekanntesten Sicherheitsexperten weltweit, der beratend für das Buch Cryptonomicon war, das ich in meinem letzten Beitrag erwähnt habe. Die Welt ist klein.

Lasst euch jedenfalls bitte nicht von der Panik anstecken. Es geht hier höchstwahrscheinlich nur um Politik, nämlich um die Durchsetzung weiterer Maßnahmen, die den totalen Überwachungsstaat zementieren sollen. Natürlich kann einen realen Hintergrund niemand ausschließen. Aber wir sollten in uns fragen, warum 4160 Straßenverkehrstote in 2009 mit einem Achselzucken als Preis der Freiheit hingenommen werden („freie Fahrt für freie Bürger“ wird immer als Argument gegen jegliche Geschwindigkeitsbegrenzung auf deutschen Autobahnen herangezogen), während wir wegen exakt 0 Terrortoten im gleichen Zeitraum unsere gesamte Privatsphäre und die Werte unserer Demokratie auf dem Altar der Sicherheit opfern sollen.

Topics: Gesellschaft


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