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Warum ich die Piraten wähle

By Flo | September 25, 2009

Am Sonntag ist Wahl, und vielleicht interessiert es euch, wo ich mein Kreuzchen setze. Eigentlich habe ich es bereits per Briefwahl gesetzt, da ich relativ spontan den hohen Norden unsicher mache. Aber egal, denn wichtig ist nicht das Wie, sondern das Wo und das Warum. Das Wo könnt Ihr bereits der Überschrift entnehmen: bei den Piraten.

Das hat mehrere Gründe. Zum einen bin ich hauptberuflich Softwareentwickler und nebenbei Blogger. Da die Piratenpartei einen überdurchschnittlichen Anteil dieser Berufsgruppen unter Ihren Mitgliedern beherbergt, dürften meine beruflichen Interessen von der Piratenpartei angemessen vertreten werden. Dies kann man zum Beispiel am klaren Nein der Piraten zu Softwarepatenten erkennen: Softwarepatente nutzen nur den IT-Großunternehmen, die meist von USA oder Indien aus agieren. Der gesamte Mittelstand, aus dem sich die deutsche IT-Landschaft vornehmlich zusammensetzt, wäre vom Ruin bedroht, sollten Lobbyisten der Großkonzerne Softwarepatente durchdrücken. Aber diese reinen IT-Themen sind nur ein Nebenschauplatz.

Der wichtigste Grund für meine Wahlentscheidung findet sich im Einsatz der Piraten für Bürgerrechte, Meinungs- und Informationsfreiheit, gegen den ausufernden Überwachungsstaat und mehr Transparenz und Mitwirkung bei politischen Entscheidungen. Keine andere Partei vertritt derzeit diese Themen glaubwürdig als ihr zentrales Kernanliegen. Warum aber halte ich das für so wichtig?

Wie Ihr vielleicht aus anderen Beiträgen von mir herauslesen könnt, bin ich recht skeptisch, was die weitere Entwicklung der Weltwirtschaft angeht. Sogar auf dem Investment-Banker-Kanal Bloomberg befürchten Analysten wie Marc Faber den Zusammenbruch unserer Version des Kaptitalismus in den nächsten Jahren. Man mag die Wahrscheinlichkeit hierfür bewerten, wie man möchte. Aber es ist angesichts der enormen Probleme nicht völlig auszuschliessen. Die Geschichte zeigt aber, dass ein solcher Crash leicht von machtbesessenen Individuuen oder Gruppierungen dazu genutzt werden kann, ein System aufzubauen, in dem sie die absolute Herrschaft ausüben können. Ob eine solche Diktatur nun faschistisch, stalinistisch oder anders organisiert wird, ist dabei ziemlich unerheblich. Diese Gefahr, so unwahrscheinlich sie auch erscheinen mag, sollte aber ernst genommen werden. Die letzte große Wirtschaftskrise hierzulande hat immerhin die Nationalsozialisten und in Folge den Zweiten Weltkrieg hervorgebracht.

Deshalb ist es essentiell, dass zum einen die Demokratie gestärkt wird, indem jeder einzelne Bürger so weit und so früh wie möglich in den politischen Entscheidungsprozess einbezogen wird. Denn große Gruppen lassen sich schwerer korrumpieren als kleine. Das Internet als dezentrales Massenmedium kann hierbei vermutlich in irgendeiner Form nützlich sein.

Zum anderen muss verhindert werden, dass Strukturen aufgebaut werden, die eines Tages von böswilligen Leuten missbraucht werden können. Gerade heute sind zum Beispiel aus dem CDU-geführten Innenministerium Pläne durchgesickert, in Deutschland eine Geheimpolizei einzufüren. Zum Glück halte nicht nur ich das für eine ziemlich schlechte Idee.

Die Piraten mit Ihrem Fokus auf Bürgerrechten und sinvollem Einsatz der modernen Kommunikationstechnik bieten sich quasi als Impfstoff gegen diese Gefahren an. Natürlich werden die Piraten auf absehbare Zeit in keiner Regierung landen. Das wäre auch keine gute Idee, denn die junge Partei ist seit Anfang des Jahres von rund 700 Mitgliedern auf 9000 Mitglieder gewachsen, und wird in den kommenden Monaten vor allem mit sich selbst beschäftigt sein. Denn keine Organisation steckt ein derart rasantes Wachstum weg, ohne dass das zu inneren Spannungen führt, die erst mal verarbeitet werden wollen. Aber jede Stimme für die Piraten zeigt den etablierten Parteien, dass sie diese wichtigen Themen schlichtweg verschlafen.

Daher halte ich meine Stimme keineswegs für „verloren“, selbst wenn sie an eine Kleinpartei geht.

Topics: Politik

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